Freihandelsabkommen gegen Staaten: Konzerne hebeln Demokratie aus

Was kaum jemand weiß: Großkonzernen wird ein weitreichendes Parallelrecht eingeräumt. Mit Geheimverträgen ausgestattet setzen Konzerne abseits von Gerichten Entschädigungen in Milliardenhöhe durch, falls sich Staaten durch demokratisch herbeigeführten Entscheidungen gegen sie wenden. Diese Absolution soll auch im Freihandelsabkommen zwischen der EU und der USA abgesichert werden.

Anfang Juni brachte die Sendung „ARD Monitor“ einen Beitrag, der jeden Freund von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit übel aufstoßen ließ. Beschrieben wird, wie Großkonzerne sich gegen Entscheidungen eines demokratischen Staates wie Deutschland hinwegsetzen. Nicht die nationale oder gar irgendeine andere Gerichtsbarkeit wird bemüht, um Entscheidungen anzufechten. Um Interessen gegen einen Staat – in unserem Fall das ausführende Organ einer demokratischen Bevölkerung – zu verteidigen, wird ein Schiedsgericht bemüht. Hinter verschlossenen Türen, fernab der Öffentlichkeit wird verhandelt, ob und wie ein Konzern zu entschädigen ist. Das Schiedsgericht besteht aus nur drei Personen: ein Anwalt für den Staat, ein Anwalt für den Konzern und ein Anwalt als Schiedsrichter. Und diese drei Personen wechseln von Fall zu Fall ihre Positionen … „Nur 15 Schiedsrichter weltweit verhandeln 55 Prozent aller Verfahren“, heißt es. In 70 Prozent solcher geheimen Verhandlungen gehen die Konzerne als Gewinner mit Milliarden-Summen als Entschädigungszahlungen  heraus – hinein ins nächste Steuer-Paradies. Dies alles ohne Wissen der Steuerzahler, aber selbstverständlich auf deren Kosten.

In diesem Bericht wird angemerkt, dass die „Investitionsschutz-Verträge“, die diese Umgehung von Gerichtsbarkeiten erlauben, auf die Zusicherung münzen, dass ausländische Konzerne bei ihren Investitionen vor der Möglichkeit einer staatlichen Enteignung geschützt werden. Im Bericht von „Monitor“ wird dies „ein mutiertes Rechtssystem“ genannt. Das klingt nach „Fehler im System“, den muss man eben einfach beheben. Leider ist dem nicht so. Nachdem am Beispiel „Vattenfall“ das Parallelrecht genau erklärt wird, endet der Bericht mit den Bemühungen der EU-Abgeordneten Franziska Keller, die in EU-Verhandlungen versucht, diese Geheimverfahren abzuschaffen. Der Staat, der sich aber permanent dagegen wehrt ist ausgerechnet Deutschland.

Parallelrecht für Großkonzerne im Freihandelsabkommen zwischen EU und USA

Abgesehen davon, dass die Gespräche zwischen den USA und der EU über ein Freihandelsabkommen nicht öffentlich stattfinden und abgesehen davon, dass die Bürger weder in den USA noch in der EU nicht demokratisch über diesen fragwürdigen Schritt entscheiden können. Und abgesehen davon, dass zwischen der EU und den USA bereits reger Handel stattfindet, abgesehen von all diesen recht fad schmeckenden Punkten, berichtete taz.de am 7. Juli 2013 unter der Überschrift „Transatlantisches Abkommen: Neue Rechte für Konzerne“ u.a.:

„Die Europäische Union will im geplanten Freihandelsvertrag mit den USA ein Sonderklagerecht für Konzerne gegen Entscheidungen von Staaten verankern …

Das Papier fordert „Schiedsrichter“. Diese könnten über Schadenersatzklagen etwa von Ölfirmen entscheiden, die wegen demokratisch beschlossener Umweltgesetze Verluste machen. In dem Mandat geben die EU-Staaten der Kommission Leitlinien für die Verhandlungen vor, die am Montag in Washington begannen. Ein EU-Beamter, der nicht genannt werden wollte, sagte: „Das Dokument sieht so aus wie das Mandat.““

Deutschland will also nicht nur die Abschaffung von demokratiefeindlichen Geheimverträgen mit Großkonzernen verhindern, sondern im Gegenteil dieses Parallelrecht auch im Freihandelsabkommen verankern. Oder ist das ein geheimes Mandat aus den USA? Unerheblich: Merkel macht Macht oder macht mit – aber sie macht es auf Kosten ihrer Bürger.

Ergänzender Artikel vom 14. Februar 2013: Freihandelsabkommen: Und wieder netzwerkeln Konzerne an unserer Demokratie vorbei

„ARD Monitor“-Bericht vom 06.06.2013:

https://www.youtube.com/watch?v=32fcegkYEJg

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